3200 Euro für die Flüchtlingshilfe Nigeria

Klaus Kordesch. Dekanat Biedenkopf-Gladenbach

Musiker begeistern bei Benefizkonzert in voll besetzter Wallauer Kirche

Biedenkopf-Wallau (klk/eöa). Ein "Zeichen des Friedens und für eine menschenwürdigere Welt" setzen - das war laut Katharina und Jörg Stähler ein Ziel des Benefizkonzerts „Peace like a river“ in der Wallauer evangelischen Kirche am Samstagabend. Ein weiteres war das Spendensammeln für die Flüchtlingshilfe Nigeria der „Church of the Brethren“ und „mission21“: Über die auch dank Kirchengemeinde und -vorstand nach dem Konzert erreichten 3200 Euro zeigte sich das Pfarrer-Ehepaar ebenso dankbar und zufrieden wie über die bis auf den letzten Platz besetzten Kirche.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt des über dreistündigen Benefizkonzerts: Das Stelldichein von rund einem Dutzend Chören und Gruppierungen bot den Besuchern die seltene Gelegenheit, sich einen Eindruck von der hohen Qualität zu verschaffen, die die musikalische Arbeit der Gesangvereine und Chöre sowie die Instrumentalisten und Solisten in Biedenkopf, Wallau und Weifenbach verbindet. Sämtliche Beteiligten legten derart hohe Maßstäbe an ihre Vorträge an, dass sie auch bei einem Leistungs-Wettbewerb beziehungsweise einem Kritiksingen standgehalten hätten. Entsprechend groß fiel die Begeisterung der Besucher aus, die von den Stählers nicht eigens zu "Standing Ovations" hätten angehalten werden müssen: Sie spendeten lieber einmal mehr als zuwenig ehrlich gemeinten Beifall für die Akteure. Auf diese wirkte der Applaus wiederum so motivierend, dass die Musiker und Sänger ganz offensichtlich mit vollem Einsatz bei der Sache waren.
Und diese Sache ist eine tatsächlich unterstützenswerte, wie die beiden Seelsorger als Moderatoren auch mittels Videos und Fotos zwischen den musikalischen Beiträgen bewusst machten. Beide hatten bis 1996 sechs Jahre lang im Nordosten Nigerias gearbeitet und konnten von Spannungen und Gewalt damals schon berichten. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, aber mittlerweile hat das eine andere Dimension angenommen", verdeutlichte Jörg Stähler, der seinerzeit das kirchlich-theologische Fernstudienprogramm der „Ekklesiyar Yanuwa a Nigeria“ der „Church of the Brethren“ geleitet hatte. Seit 2009 und bis Ende 2015 habe die extremistische Gruppe Boko Haram – das bedeute etwa „Westliche Bildung ist Sünde“ - etwa 800 Lehrer getötet, rund 1500 Kirchen und kirchliche Gebäude sowie 2000 Schulen zerstört, so dass gut eine Million Kinder ohne Schulbildung seien, berichteten die beiden. Etwa zwei Millionen Menschen in der Region seien auf der Flucht vor Gewalt und Terror, es herrsche Nahrungsmittelknappheit und medizinische Unterversorgung in dem Land, das mit rund 180 Millionen Einwohnern das bei weitem bevölkerungsreichste des afrikanischen Kontinents sei. Allein in Nigeria gebe es 514 verschiedene Sprachen, erläuterte Katharina Stähler.
Die „Church of the Brethren“ habe ihren Ursprung in Schwarzenau an der Eder, wie Jörg Stähler zum Erstaunen der Anwesenden erklärte. Die 1708 dort begründete und später vor allem in Amerika etablierte Bewegung ist eine der sogenannten Friedenskirchen, die sich wie Quäker und Mennoniten am Friedenszeugnis des Evangeliums orientieren, sagte Stähler. Ihrer pazifistischen Überzeugung wegen verzichteten sie auch in Nigeria auf Vergeltung, sondern setze der Gewalt beispielsweise die Flüchtlingshilfe entgegen; Die „Church of the Brethren“ habe im Nordosten Nigerias 150 Aufnahmestellen für Tausende Menschen mit Zelten, Nahrung, Decken, Haushaltswaren sowie medizinischer Versorgung bereitgestellt, erklärte der Pfarrer. Tausende Familien unterstütze der "Nigeria Crisis Fund“ dabei, sich wieder eine Lebensgrundlage in der Heimat aufzubauen, sagte Stähler.

Der Pfarrer hatte sich das Benefizkonzert anlässlich seines 60. Geburtstags Anfang März gewünscht. „Peace like a river - Der Friede fließt wie ein Strom" lautete das Motto, zu dem mehr als 200 Sängerinnen und Instrumentalisten ihren Beitrag leisteten. Den Anfang machte Organist Matthias Riedesel unter anderem mit dem Choralvorspiel zu "Lobet den Herren" von Otto Abel. Einen musikalischen Abstecher nach Tansania lieferten der Amani-Gospel-Chor und Reverent Lee Cosmas Ndeiy, bevor das von Achim Schwarz geleitete Flötenensemble „da capo“ aus Biedenkopf das Publikum unter anderem mit dem Lebensbaum "Ets Chayim Hi" und "U´vneh Yerushalaim" die Zuhörer nach Israel entführte. „Let´s Sing“ aus Weifenbach unter der Leitung von Helmut Goppold schürte die Begeisterung mit dem Gospel "This little light of mine" und Leonard Cohens "Halleluja" weiter an. Nach "Dann jubel ich Dir zu" und "Heilig, heilig, heilig" von Albert Frey vom von Bernhard Lüttecke dirigierten Wallauer Kirchenchor war erstmals der eigens für das Benefizkonzert begründete Projektchor unter der Leitung von Christian Stark mit Edvard Griegs "Ave maris stella" zu hören.
Der von Stefanie Reinhard geleitete Wallauer Frauenchor eröffnete das Programm nach der Pause mit einer bewegenden Interpretation der "Rose" von Amanda McBroom und "O come let us sing, bevor Silvia und Thomas Salzbauer aus Biedenkopf mit E-Piano und Saxophon mit Johann Sebastian Bachs "Air" in einer Eigenbearbeitung und ihrer Komposition "Luna" die Zuhörer in ihren Bann zogen. Der Männer-Gesangverein Weifenbach unter Siegfried Schades Dirigat brachte "Zauber der Musik" und "Ich hör die Stimme" zu Gehör, bevor Janina Balzer aus Battenberg mit ihren Kindern Amin und Joanne Westhauer begleitet von Philipp Lüttecke am Keybord "A little more" und das selbst komponierte Lied "Lichtbringer" vortrugen. Mit "Horch, der Wellen Chor" und Bachs "Gott ist und bleibt getreu" leiteten der ebenfalls von Christian Stark geleitete Männer-Gesangverein und der Frauenchor Wallau das Publikum auf die musikalische Zielgerade, bevor der Projektchor mit dem namengebenden Lied "Peace like a river" den in jeder Hinsicht beeindruckenden Konzertabend beendete.
Die Spendenaktion des Pfarrer-Ehepaars ist mit dem Konzert nicht beendet. Katharina und Jörg Stähler sammeln weiter für die Hilfsprojekte der „Church of the Brethren“. Wer sie und die Arbeit der Friedenskirche unterstützen möchte, kann das mit einer zweckgebundenen Spende auf das Konto der Kirchengemeinde Wallau tun (IBAN: DE30517624340007082304, Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe Nigeria).

11 April 2016